Migräne und Ernährung

Lebensmittel können sowohl Trigger (Auslöser) für eine Migräne sein als auch die Frequenz, Stärke und Dauer von Migräne beeinflussen. Lesen Sie hier, welchen Einfluss die Ernährung bei Migräne hat.

Migräne: Hintergrundwissen

Frau mit Migräne

Migräne gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen und betrifft allein in Deutschland rund 18 Millionen Menschen. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt sie sogar zu den am stärksten behindernden Erkrankungen überhaupt.
Migräne ist jedoch weit mehr als ein „starker Kopfschmerz“. Sie ist gekennzeichnet durch einseitig pochende Schmerzen im Stirn- oder Schläfenbereich, die sich durch Bewegung oft verstärken. Die Attacken dauern wenige Stunden bis zu drei Tage und können mit Übelkeit, Licht- und Geräuschempfindlichkeit einhergehen. Manche Betroffene erleben zusätzlich eine Aura – vorübergehende Sehstörungen, Sprachstörungen oder Missempfindungen.
Die Beschwerden kündigen sich häufig an: In der sogenannten Prodromalphase treten Symptome wie Heißhunger, Müdigkeit oder Nackenverspannungen auf. Die meisten Migränepatienten erkennen diese Symptome. Frauen sind im Allgemeinen häufiger betroffen als Männer.
Die Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Erkrankung des Gehirns, die genetisch bedingt ist und durch verschiedene Trigger wie Stress, hormonelle Schwankungen, Schlafstörungen, Licht- und Lärmreize oder bestimmte Lebensmittel ausgelöst werden kann. Im Kern handelt es sich um eine neurovaskuläre Entzündung: Nervenzellen verlieren ihre Erregungshemmung, Botenstoffe werden freigesetzt und führen zu einer Entzündung der Blutgefäße in der Hirnhaut – der Schmerz entsteht.
Interessant ist, dass Menschen mit Migräne in migränefreien Phasen oft durch eine besondere Leistungsfähigkeit auffallen: erhöhte Aufmerksamkeit, ausgeprägte Konzentration und häufig auch eine hohe soziale Sensibilität.

Ernährung bei Migräne: Trigger meiden

Auch wenn wissenschaftlich schwer zu belegen ist, dass einzelne Nahrungsmittel Migräne auslösen, berichten etwa 20 % der Betroffenen von typischen „Triggern“. Diese sind individuell sehr unterschiedlich, lassen sich jedoch mit einem Migränetagebuch meist gut identifizieren. Häufig genannte Auslöser sind:

  • Alkohol oder bestimmte alkoholische Getränke wie Sekt oder Rotwein. Alkohol ist ein Nervengift und wirkt sich auf viele biochemische Prozesse aus. Alkohol wirkt zudem harntreibend, kann zu Dehydrierung führen und so Migräne begünstigen.
  • Koffein: Wer regelmäßig Kaffee trinkt, kann vom „Entzug“ Migräne bekommen, und wer Koffein nie zu sich nimmt, genau vom Gegenteil. Andere Untersuchungen zeigen jedoch, dass ein ausgeprägter Kaffeekonsum mit einem höheren Risiko für Kopfschmerzen und Migräne verbunden ist. Koffein steckt nicht nur in Kaffee, sondern auch in einigen Tees, Cola oder Energy-Drinks.
  • Histamin ist ein natürlicher Botenstoff, der auch an der Signalübertragung beteiligt ist. Der Histamingehalt steigt mit der Lagerdauer. Typische Lebensmittel mit hohem Histamingehalt sind (gereifter) Käse, alkoholische Getränke, Salami, Essig, Sojasauce, fermentierte Produkte, Fisch und bestimmte Gemüsesorten wie Tomaten oder Spinat.
  • Tyramin: Ebenfalls ein Botenstoff/Neurotransmitter, der in gereiftem Käse, gepökelten Wurstwaren, Fisch und alkoholischen Getränken enthalten ist.
  • Glutamat: Ist ein Geschmacksverstärker aus Fertiggerichten. Durch eine natürliche Ernährung können Sie leicht darauf verzichten.
  • Aspartam: Ein Süßstoff aus Light-Produkten, auch darauf lässt sich relativ einfach verzichten, wenn Sie eine natürliche Ernährung praktizieren.
  • Nitrit wird zum Konservieren von Fleisch und Wurst verwendet. Nitrit steht im Zusammenhang mit der Entstehung mehrerer Erkrankungen. Daher ist es für die Gesundheit insgesamt sinnvoll, nur wenig davon aufzunehmen.
  • Speiseeis bzw. sehr kalte Mahlzeiten reizen den Trigeminusnerv und können so Migräne begünstigen.

migräne auf eine Tafel geschrieben

Schokolade wird auch immer wieder als Trigger genannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie nur bei Histaminunverträglichkeit ein Auslöser für Migräneattacken ist. Dennoch wird sie so häufig damit in Verbindung gebracht, da viele in der Prodromalphase Heißhunger auf Schokolade haben und dann vermuten, dass die Schokolade der Auslöser sei. Jedoch ist der Heißhunger ein Zeichen dafür, dass das Gehirn mehr Energie benötigt.
An dieser Stelle sei ergänzt, dass bis auf wenige Ausnahmen die typischen Trigger in einer vitalstoffreichen Ernährung nur in kleinen Mengen vorkommen. Wer sich also natürlich ernährt, kommt um die meisten Auslöser herum. Individuell kann dann ausgetestet werden, welche Nahrungsmittel vertragen werden und welche nicht.

Ernährung bei Migräne: Nährstoffe und Schutzfaktoren

Kein Lebensmittel heilt Migräne oder wird alleinige Behandlung sein. Ziel einer passenden Ernährung ist es vielmehr, den Körper kontinuierlich mit allen wichtigen Vitalstoffen zu versorgen, Entzündungsprozesse zu reduzieren und die Wahrscheinlichkeit sowie Schwere von Migräneattacken zu verringern.

Vitamin D

Vitamin D spielt eine Rolle bei entzündlichen Prozessen. Eine Untersuchung zeigt, dass Vitamin D die Häufigkeit von Migräneattacken senken kann. In Kombination mit Probiotika wurde ebenfalls ein positiver Effekt beobachtet. Da Vitamin D nur in wenigen Lebensmitteln enthalten ist und in den Wintermonaten nicht über die Haut gebildet werden kann, ist eine Supplementierung notwendig.

Omega-3-Fettsäuren

Eine Meta-Analyse (2023) bestätigt, dass hochdosierte Eicosapentaensäure (EPA) / Docosahexaensäure (DHA) aus Omega-3-Fettsäuren eine wirksame vorbeugende Wirkung gegen Migräne haben. Da die benötigten Mengen kaum über die Ernährung (Fisch oder Algen) erreichbar sind, ist auch hier eine Nahrungsergänzung absolut sinnvoll.

Ballaststoffe und Darmflora

Die Darmflora rückt zunehmend in den Fokus. In einer Studie zeigte die Einnahme von Inulin über 12 Wochen eine Verbesserung der Migränesymptome und eine Reduktion von Angst und Stress. Ballaststoffe und weitere komplexe Kohlenhydrate finden sich in Vollkornprodukten, Nüssen, Samen, Gemüse und Obst. Inulin ist besonders reichlich in Chicorée, Topinambur oder Artischocken enthalten.

Tryptophan und Melatonin

Die Aminosäure Tryptophan ist eine Vorstufe von Serotonin (Glückshormon) und Melatonin (körpereigenes Hormon, beteiligt am gesunden Schlaf). Beide Botenstoffe stehen im Zusammenhang mit Migräneattacken. Tryptophan steckt unter anderem in Nüssen, Quinoa, getrockneten Bananen oder Aprikosen. Melatonin selbst wurde ebenfalls erfolgreich in Studien auf seinen Einfluss auf Migräne getestet. Die Frequenz und Dauer der Migräne konnten durch die Einnahme von Melatonin verbessert werden.

Coenzym Q10

Q10 ist ein Antioxidans, das oxidativen Stress reduziert. Studien zeigen eine geringere Migränefrequenz unter Q10-Supplementierung. In natürlichen Mengen findet es sich in kaltgepressten pflanzlichen Ölen. Auch andere Antioxidantien könnten einen Einfluss haben. Daher ist eine Ernährung mit möglichst vielen frischen und unverarbeiteten Lebensmitteln nötig. Eine zusätzliche Einnahme von Coenzym Q10 ist sinnig.

Mineralstoffe

Migränepatienten zeigen in Querschnittsstudien häufiger Defizite an Magnesium, Kalzium, Zink und Kupfer. Besonders Magnesium ist bedeutsam, da es selbst als Neurotransmitter fungiert und die Reizweiterleitung im Gehirn beeinflusst. Eine Studie hat beispielsweise die Verwendung von 500 mg Magnesium zusammen mit einem gängigen Migränemedikament pro Tag untersucht und konnte positive Effekte beobachten. Die Forschenden gehen davon aus, dass Magnesium das Redoxpotential im Gehirn verbessert und erregende Aminosäuren wie Aspartat moduliert.

Flüssigkeit/Wasser

Schon eine leichte Dehydrierung kann Migräne auslösen. Eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von mindestens 1,5–2 Litern ist daher entscheidend als Prophylaxe. Das beste Getränk stellt stilles Wasser, idealerweise gefiltert durch Osmose, dar.

Regelmäßigkeit und Energiebalance

Keine Mahlzeiten auslassen, regelmäßig essen und bewusst vorplanen. Langkettige Kohlenhydrate und Ballaststoffe halten den Blutzuckerspiegel stabiler als Weißmehlprodukte oder Zucker. Sprich: Vollkornprodukte bevorzugen. Das hilft zudem, Heißhunger in der Prodromalphase vorzubeugen.
Auch das Körpergewicht spielt eine Rolle: Übergewicht fördert Entzündungen, da Fettgewebe Botenstoffe freisetzt, die Migräne verschlimmern können. Eine bewusste, geplante Ernährung hilft, das Gewicht stabil zu halten.

Ketogene Ernährung bei Migräne – eine mögliche Option

Keto Ernährung bei Migräne

Zunehmend rückt auch die ketogene Ernährung gegen Migräne in den Fokus. In einer Studie von 2023 konnten sowohl eine ketogene Kost als auch eine Ernährung mit niedrigem glykämischem Index die Häufigkeit von Migräneattacken reduzieren. Vermutlich spielen eine verbesserte Energiebereitstellung, Gewichtsreduktion und geringere Entzündungswerte eine Rolle. Der genaue Mechanismus ist aber noch nicht vollständig geklärt. Eine ketogene Ernährung scheint zwar sinnvoll, jedoch kann es eine Herausforderung darstellen, sich langfristig danach zu ernähren. Wenn Sie sich dafür entscheiden, dann müssen die Mikronährstoffe im Auge behalten werden. Vitalstoffreiche Lebensmittel wie Nüsse, Kokosprodukte und Co. dürfen dann nicht fehlen.

Zusammenfassung: Tipps für die Ernährung bei Migräne

  • Regelmäßige Mahlzeiten einplanen
  • Bewusster Umgang mit Genussmitteln wie Alkohol
  • Hochverarbeitete Lebensmittel mit Zusatzstoffen und Co. meiden
  • Vitalstoffreiche, natürliche Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkorn, Nüssen und Samen
  • Entzündungshemmende Lebensmittel aktiv einbauen (z. B. Omega-3-Fettsäuren)
  • Ausreichend trinken (1,5–2 Liter Wasser pro Tag)
  • Eigenes Migränetagebuch führen, um individuelle Trigger und hilfreiche Lebensmittel zu erkennen

Eine allgemeingültige Migräne-Diät, egal Migräne mit oder ohne Aura, gibt es nicht. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf bestimmte Lebensmittel. Entscheidend ist eine abwechslungsreiche, vitalstoffreiche Ernährung, die Entzündungen reduziert, das Nervensystem stabilisiert und individuelle Trigger vermeidet. Mit der richtigen Ernährungsstrategie lassen sich Häufigkeit und Intensität von Migräneattacken in vielen Fällen deutlich verringern.


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Quellen

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